Coronakrise

Seit dem 11.03.2020 wird das Coronavirus  von der WHO als Pandemie eingestuft. Die Bundesregierung informiert tagesaktuell über wichtige Themen.

Seit dem 16.03.2020 hat die Bayerische Staatsregierung konkrete Maßnahmen dazu ergriffen.

Für Arbeitgeber ergeben sich zahlreiche rechtliche Fragen, auf die nachfolgend kurze Antworten gegeben werden. Zusätzlich haben wir Seiten verlinkt, auf denen sich jeweils aktualisierte Informationen zu den Punkten finden, bei denen mit ständigen Änderungen und Ergänzungen zu rechnen ist.

 

1.  Allgemeine arbeitsrechtliche Hinweise für Arbeitgeber 

Hygienevorkehrungen

Aus der allgemeinen Schutzpflicht des Arbeitgebers ergibt sich eine Verpflichtung, über Ansteckungsrisiken und Symptome aufzuklären und Vorkehrungen für eine ausreichende Hygiene zu treffen. Was konkret unternommen werden muss, hängt von der konkreten Tätigkeit und der daraus folgende Gefährdung der Mitarbeiter ab.

Verhalten bei Verdacht auf Infizierung

Ist ein Mitarbeiter positiv auf Corona getestet oder besteht ein konkreter Verdacht, dann ist der Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen. Aufgrund der Ansteckungsgefahr, die von ihm ausgeht, ist der Arbeitnehmer an der Arbeit gehindert, es sei denn, die Arbeit kann so organisiert werden, dass eine Ansteckungsgefahr für andere Mitarbeiter ausgeschlossen werden kann (Homeoffice).

Im Fall einer solchen Freistellung bleibt der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet!

Anders ist das, wenn eine Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes die Quarantäne für einen Arbeitnehmer anordnet.

In diesem Fall besteht ein behördliches Beschäftigungsverbot. Gemäß § 56 Abs. 1, 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) leistet im Fall eines behördlich angeordneten Beschäftigungsverbots bis zu sechs Wochen lang der Arbeitgeber Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber hat allerdings einen Erstattungsanspruch gegen die zuständige Behörde. Vom Beginn der siebenten Woche an wird die Entschädigung dem Arbeitnehmer in Höhe des Krankengeldes direkt von der zuständigen Behörde bezahlt.

Ausfall von Arbeitnehmern wegen Pflege von Kindern

Bei Krankheit von Kindern greift für einige Tage § 616 BGB, wonach ein so begründeter Ausfall einen Lohnfortzahlungsanspruch auslöst. Es ist allerdings denkbar, dass § 616 BGB im Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde.

Bei einer nicht krankheitsbedingten Situation – z.B. wegen Schulschließung – wird § 616 BGB jedoch überhaupt nicht greifen. Es ist ja von Anfang an klar, dass die Schließung nicht nur vorübergehend (einige Tage, keinesfalls mehr als 10 Tage) andauert. Besteht ein Anspruch gem. § 616 BGB nicht, so können die betroffenen Arbeitnehmer nicht auf „Krankengeld wegen Erkrankung des Kindes“ gem. § 45 SGB V hoffen – denn das Kind selbst ist ja weder krank noch pflegebedürftig.

Hier müssen Arbeitnehmer Urlaub nehmen – bezahlt oder unbezahlt.

 

2.  Betriebsferien, Überstundenabbau

Unternehmen haben grundsätzlich die Möglichkeit, Betriebsferien oder den Abbau von Überstunden anzuordnen.

 

3.  Kündigung

Betriebsbedingte Kündigungen wegen der Coronakrise sind denkbar, aber sicher nicht einfacher zu begründen, als ohne Coronakrise. Wurde z.B. bereits Kurzarbeit eingeführt, spricht dies indiziell gegen das Vorliegen betriebsbedingter Gründe, weil Kurzarbeit mit einem vorübergehenden Arbeitsmangel begründet wird, eine betriebsbedingte Kündigung dagegen mit dem dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes.

Hier muss also rechtzeitig die Rechtslage geprüft, die richtige Entscheidung getroffen und rechtlich abgesichert werden, sonst drohen erhebliche Nachteile.

Aktuell dürfte es aber meist nicht so einfach möglich sein den dauerhaften Wegfall eines Arbeitsplatzes nur aufgrund der Coronakrise zu erklären, weil ja mit dem Kurzarbeitergeld für einen Zeitraum von 6 Monaten eine relativ gute Überbrückungsmöglichkeit besteht. 

 

4.  Kurzarbeitergeld

Kurzarbeit ist derzeit für viele Unternehmen die drängendste Thema. Daher nachfolgend eine Zusammenfassung und danach die ausführliche Darstellung.

Zusammenfassung zur Kurzarbeit

Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit einführen. Das geht aber nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts!

Die Einführung von Kurzarbeit setzt entweder eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, eine wirksame Änderungskündigung oder eine Vereinbarung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung voraus.

Wenn kein Betriebsrat besteht und kein Tarifvertrag gilt, der Kurzarbeit regelt, müssen Unternehmen also Einzelvereinbarungen mit den Arbeitnehmern abschließen oder Änderungskündigungen aussprechen.

Die besonderen Regelungen zur Kurzarbeit finden Sie hier: Aktuelle Informationen der Bundesagentur für Arbeit zum Kurzarbeitergeld.

Eine Anleitung mit Erklär-Video zur Beantragung von Kurzarbeitergeld finden Sie hier.

 

Kurzarbeitergeld für Unternehmen

Was ist Kurzarbeit

Kurzarbeit ist das vorübergehende Absenken der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit unter gleichzeitiger Reduzierung des Entgelts. Dabei gibt es auch „Kurzarbeit Null“ d.h. die Arbeitszeit wird gänzlich reduziert. Beispiel: Im Falle von 40 – Stunden-Woche kann die Arbeitszeit auf beispielsweise 10 Stunden pro Woche reduziert werden. Entsprechend werden nur 10 Stunden pro Woche vergütet. 

Sinn und Zweck der Kurzarbeit

Hauptzweck der Kurzarbeit ist es, bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer zu ermöglichen und eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden. Obwohl sich Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen ausschließen, heißt es nicht, dass der Arbeitgeber während der Kurzarbeit nicht kündigen darf. Er darf während der Kurzarbeit kündigen, wenn aufgrund einer neuen unternehmerischen Entscheidung das weiter Beschäftigungsbedürfnis endgültig wegfällt. In der Praxis wird sich für den Arbeitgeber momentan die schwierige Frage stellen, ob er Kurzarbeit vereinbaren oder gleich kündigen soll. Das hängt von vielen Faktoren ab, von denen viele nicht berechenbar sind.

 

Unterscheidung zwischen der Anordnung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber und dem Kurzarbeitergeld

Anordnung von Kurzarbeit

Der Arbeitgeber darf nicht einseitig Kurzarbeit anordnen oder einführen. Dazu bedarf es einer vertraglichen (Änderung des Arbeitsvertrages, Betriebsvereinbarung) Grundlage. Hierüber muss also eine Einigung mit dem Arbeitnehmer persönlich oder dem Betriebsrat im Wege einer Betriebsvereinbarung erzielt werden.

Theoretisch wäre für den Arbeitgeber auch die Möglichkeit einer Änderungskündigung gegeben. Wegen der individuellen Kündigungsfristen ist dieser Weg nicht praktikabel.

Eine mögliche Zusatzvereinbarung könnte lauten:

„Vereinbarung zum Arbeitsvertrag

 Aufgrund der aktuellen Entwicklung zum Corona-Virus und den daraus resultierenden Folgen (z.B. vorübergehende Betriebsschließungen, Absatzmangel) kommt es zu erheblichem Arbeitsausfall. Der Arbeitsausfall wird der Bundesagentur für Arbeit angezeigt (§§ 95ff SGB III). Aus diesem Grund vereinbaren die Parteien, beginnend ab dem …… bis einschließlich ……die Einführung der Kurzarbeit. Die arbeitsvertragliche Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche wird auf 10 Stunden pro Woche reduziert. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die Arbeitstage wird durch den Arbeitgeber bestimmt. Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die arbeitsvertragliche Vergütung im Verhältnis der ausgefallenen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit.“

Die Reglung sollte jedoch individuell getroffen werden, weshalb wir Ihnen empfehlen, sich an uns zu wenden.

Kurzarbeitergeld

Das Verfahren rund um die Gewährung von Kurzarbeitergeld wird vom Arbeitgeber eingeleitet und geführt. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Kurzarbeitergeld besteht gegenüber der Agentur für Arbeit, nicht gegenüber dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber nimmt lediglich die Interessen der beteiligten Arbeitnehmer wahr und handelt für diese.

Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld sind genau geregelt (§§ 95 ff. SGB III): Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall, betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, Anzeige bei der Agentur für Arbeit. Damit ergibt sich folgende Vorgehensweise:

Schritt 1 – Der Arbeitgeber oder der Betriebsrat muss den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit schriftlich anzeigen. Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind.

Dieser Nachweis entfällt nicht durch das vom Bundestag am 13.03.2020 im Eilverfahren beschlossene Gesetz für erleichtertes Kurzarbeitergeld. Durch dieses Gesetz sollen Betriebe das Kurzarbeitergeld nutzen können, in denen nur 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bisher galt eine Grenze von 1/3 der Beschäftigten. Ein weiterer Vorteil des Gesetzes ist, dass die Arbeitgeber die Sozialbeiträge, die sie auf das Kurzarbeitergeld zahlen müssen, erstattet bekommen können.

Im Klartext heißt es, dass die Betriebe den Ursachenzusammenhang zwischen Corona Virus und dem erheblichen Arbeitsausfall darlegen müssen.

Schritt 2 – Der Arbeitgeber beantragt unter Nachweis der persönlichen Voraussetzungen für jeden betroffenen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Diesen Antrag hat der innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach dem jeweiligen Monat, für den Kurzarbeitergeld begehrt wird, zu stellen. Für die Fristwahrung ist die Anzeige des Arbeitsausfalls (Schritt 1) nicht ausreichend.

Das Verfahren kann bei der Bundesagentur für Arbeit auch online eingeleitet werden.

Bezugsdauer und Höhe

Das Kurzarbeitergeld wird grundsätzlich für die Dauer von 6 Monaten gewährt. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes liegt bei 67 % bzw. 60 % der netto-Entgeltdifferenz im Anspruchszeitraum.

5. Entschädigungsansprüche wegen angeordneter Betriebsschließung

Es gibt zwar mit dem Kurzarbeitergeld und dem Entschädigungsanspruch für Lohnfortzahlung gem. § 56 IfSG staatliche Ersatzleistungen für Personalkosten. Die bislang angekündigten Hilfen für Unternehmen in Form von Darlehen und Steuerstundungen lassen aber die Frage offen, ob es Ausgleichsansprüche für Einnahmenausfälle aufgrund behördlich angeordneter Betriebsschließungen gibt.

Die Frage lautet: Übernehmen die Behörden auch eine finanzielle Verantwortung für die potentiell sehr großen Schäden, die aus den Absagen von Veranstaltungen und Betriebsschließungen entstehen? Oder bleiben die Veranstalter, Selbständigen und Gewerbetreibenden, die keine Einnahmen mehr, wohl aber laufende Kosten haben, auf dem Schaden sitzen?

Diese Frage ist bislang rechtlich wenig aufgearbeitet worden. Gesetzlich finden sich am ehesten im IfSG Ansatzpunkte für Entschädigungsansprüche.

§ 65 IfSG sagt, dass eine Wiederbeschaffungswert-Entschädigung zu leisten ist, wenn aufgrund behördlicher Maßnahmen nach § 16 oder § 17 IfSG entweder „Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird“. 

Bei Veranstaltungsverboten und Betriebsschließungen wird sicherlich „ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil“ verursacht. Allerdings gibt es durchaus Zweifel, ob in der aktuellen Situation diese Vorschrift greift.

Aktuell ist es deshalb so, dass eine rechtlich eindeutige Aussage, ob es Entschädigungsansprüche aufgrund von behördlichen Untersagungen geben wird, nicht möglich ist. Es ist zu hoffen, dass die Bundesregierung hierfür noch gesonderte Regelungen schafft und so für Rechtklarheit sorgt.